home · Rückschau · 28. Aug. 2012
"Good Food March" in Günzburg am 28. August 2012 cucina-danubii.eu


Kartoffelwaschen, bevor die Kartoffeldämpfe zum Einsatz kommt.

Günzburger Marktplatz: Kartoffeldämpfe in Aktion

Informationsstand: Besucher informieren sich über den Good Food March 2012

Die Aktivisten des "Good Food March" haben auf ihrem Weg nach Brüssel am 28. August im schwäbischen Günzburg an der Donau Station gemacht. Im Mittelpunkt der von Slow Food mitorganisierten Kundgebung stand die Kartoffel - aus einheimischer, naturnaher Landwirtschaft. Redner protestierten gegen die massenhafte Verschwendung von Lebensmitteln und forderten eine am Gemeinwohl orientierte Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik.
Ein Bericht von Sigi Körner

"Rauchschwaden hängen über dem Wetteplatz an diesem letzten Dienstag im August. Es ist Markttag in Günzburg, der schwäbisch-bayerischen Kreisstadt an der Donau. Ein Ungetüm aus mannshohen Kesseln und meterhohem Kamin auf hölzernem Fahrgestell drängt den Schweinchenbrunnen in den Hintergrund. Dieter Gerstmeyer legt Buchenholz nach, um seine historische „Kartoffeldämpfe“ auf Temperatur zu bringen. Damit wurden einst die Kartoffeln für die Schweinemast gedämpft, da Energie teuer war, immer gleich fürs ganze Dorf.
Heute werden aus der „Dämpfe“ dem neugierigen Marktpublikum Kartoffeln aus regionaler Erzeugung angeboten. Kartoffeln, wie sie die Kartoffelwirte aus dem Donaumoos an ihrem Stand zeigen. Daneben informiert das Slow Food Convivium „Schwäbische Donau“ über das Slow Food Projekt Terra Madre. Die bayerische Umweltstation Bächingen und das Donaumooseum fassen den Platz mit großformatigen Plakaten, die für eine nachhaltige Landwirtschaft und weitreichende Artenvielfalt werben.

Kräuter für den Lukelleskäs

Kinder des St. Claraheimes rupfen und schneiden Kräuter für den „Lukelleskäs“, dem idealen Kartoffelbegleiter aus Quark (natürlich aus heimischer Molkerei), Zwiebeln und Kräutern, die die Kinder in ihrem Garten am Morgen gepflückt haben. Mit dem Eintreffen der Radler des Good Food Marches eröffnet Hubert Krimbacher, der Biolandwirt aus dem Kamental, die Veranstaltung, die in Günzburg dem Motto folgt: Welche Landwirtschaft, welche Ernährung wollen wir. Der zweite Bürgermeister der Kreisstadt, Anton Gollmützer, betont in seinem Grusswort die kleinteilige, naturnahe Landwirtschaft der Region, die es zu erhalten gilt. Ganz wesentlich für den Erhalt dieser Kulturlandschaft sind die Bienen. Thomas Hefele, Vorstand des Kreisimkerverbandes und Slow Food Mitglied: „ Der volkwirtschaftliche Nutzen unserer Bienenvölker übertrifft den Ertrag aus der Honigernte um ein Vielfaches.“

Ein Lebensmittel ist kein Wegwerfprodukt

Unser Vorstandsmitglied Robert Friedenberger, stellvertretender Leiter des Conviviums „Schwäbische Donau“, setzt sich mit dem Problem der Verschwendung auseinander. Die derzeit stattfindende Verramschung unserer Lebensmittel führt notwendig zur fehlenden Wertschätzung dieser Lebensmittel. Dadurch werden Lebensmittel zum Wegwerfprodukt. Er setzt sich für eine bäuerlich strukturierte, wertorientierte Landwirtschaft ein: gegen eine Agrarindustrie, die entgegen ihrer Versprechungen den Hunger in der Welt weiter rapid ausbreitet.
Slow Food steht für:

  • die Erforschung der Funktion lokaler Ökosysteme
  • die Vermittlung von traditionellem Wissen mit zeitgemässen Methoden
  • die Unterstützung der Jugend, damit die in der Lebensmittelerzeugung wieder Fuss fassen können
  • die Bewahrung und Stärkung regionaler Identitäten und der biologischen Vielfalt.

Bauernhöfe statt Agrarindustrie

Slow Food fordert eine Agrarpolitik, die die Ernährungssicherheit der Menschen nicht weiter bedroht. Slow Food will Bauernhöfe statt Agrarindustrie. Stephan Kreppold, Aichacher Biolandwirt und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft will eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik. In seinem leidenschaftlichen Vortrag stellt er die Frage nach der Strukturentwicklung in der Landwirtschaft. „Auf Grund der Flächensubvention werden gigantische EU-Subventionssummen von billigst produzierenden Grossgrundbesitzern abgeschöpft. Durch diese Monokulturen werden Lebensmittel in vielerlei Hinsicht unsicher und zum Ramschartikel. Wir brauchen eine am Gemeinwohl orientierte Agrarpolitik. Notwendige Subventionen müssen sich an ökologischen Grundsätzen orientieren. "Agrarindustrie-orientierte EU-Bürokraten dürfen nicht das Wesen unserer Landwirtschaft bestimmen", sagt Hubert Krimbacher, bevor er die Good Food March Aktivisten mit seinem Lied „Die Erde liebt euch“ auf ihren langen Weg nach Brüssel entlässt."

Mehr Informationen:

Slow Food Aktivitäten zur Lebensmittelverschwendung
Good Food March